11. Dezember
Zwischen Formularen und Verstehen
Es gibt Tage in der Mutter-Kind-Wohngruppe, da verbringen unsere Teams mehr Zeit mit Formularen als mit Gesprächen. Nicht, weil sie das wollen — sondern weil es notwendig ist. Weil viele unserer Mütter ohne familiäre Unterstützung bei null anfangen. Keine Geburtsurkunden. Keine Ausweise. Keine Krankenversicherung. Kein Konto. Manchmal nicht einmal ein Ort, an dem Post ankommt. Und mit jedem fehlenden Dokument hängt das nächste fest. Ohne Geburtsurkunde kein Ausweis, ohne Ausweis kein Antrag, ohne Antrag keine Leistung. Ein Kreislauf, der sich endlos anfühlen kann. „Wir fangen oft ganz unten an“, sagte eine Mitarbeiterin. „Und manchmal wissen selbst wir nicht, welches Formular jetzt zuerst dran ist.“ Dazu kommt: Nicht alle Mamas sprechen Deutsch. Wir buchen regelmäßig Dolmetscher, damit Gespräche mit Behörden, Ärzten oder Gerichten überhaupt möglich sind. Das hilft — und macht es gleichzeitig intensiver. Weil jedes Wort übersetzt, erklärt, geprüft werden muss. Weil Nähe und Verständnis mehr Zeit brauchen. Und trotzdem: Wir machen weiter. Wir sortieren, rufen an, beantragen, erklären. Manchmal mit Frust. Manchmal mit Erfolg. Denn hinter jedem Formular steckt ein Mensch. Eine Mama, die versucht, Schritt für Schritt Stabilität zu finden.
Und wir wissen: Manchmal ist es schon ein Erfolg, wenn am Ende des Tages ein einziger Antrag mehr geschafft ist als am Tag davor. Es sind diese stillen Erfolge, die kaum jemand sieht — aber die für uns und die Mamas alles bedeuten.
