13. Dezember
Wenn Warten zu lang wird
Manchmal fühlen sich Tage in der Inobhutnahme wie ein Balanceakt an. Zwischen Verantwortung und Realität, zwischen dem, was wir wissen, und dem, was wir nur ahnen können. Nach der Aufnahme von drei sehr herausfordernden Kindern war schnell klar: Diese Maßnahme würde alles andere als leicht werden. Aggression, Unruhe, Schlaflosigkeit, Angst – die Gruppe war dauerhaft in Bewegung. Schon früh zeigte sich, dass für eines der Kinder ein wichtiger Termin notwendig war. Ein Termin, der helfen sollte, die Situation besser einzuschätzen und weitere Schritte abzustimmen. Doch bis dieser Termin schließlich zustande kam, vergingen viele Wochen – zu viele. Vier Wochen lang herrschte Funkstille.
Keine Rückmeldung. Keine Antwort auf E-Mails. Kein Rückruf. Währenddessen spitzte sich die Situation in der Gruppe zu. Das Kind litt, die anderen Kinder auch. Die Mitarbeitenden versuchten alles, stabilisierten, beruhigten, dokumentierten, hielten aus. „Wir standen dazwischen“, sagte eine Kollegin. „Wir hatten Verantwortung, aber keine Handlungsgrundlage. Wir wollten helfen – und konnten nicht.“ Solche Momente hinterlassen Spuren. Nicht nur in den Akten, sondern in den Köpfen. Weil man weiß, dass es um Kinder geht, die keine Zeit haben, zu warten. Wir wissen, dass auch die Jugendämter überlastet sind, dass Termine fehlen, dass Kapazitäten erschöpft sind. Und trotzdem bleibt dieses Gefühl: Es reicht nicht. Nicht für alle. Nicht immer. In diesen Momenten hält das Team zusammen.
Man sucht Wege, wo keine sind, und trägt, was eigentlich zu schwer ist. Denn Aufgeben ist keine Option. Auch nicht, wenn das System stillsteht. Dann bleibt Menschlichkeit unser Kompass – und das Wissen, warum wir das tun, jeden Tag aufs Neue.
